Kunst am Bau für den Schulstandort in der Schulstraße 97, 13347 Berlin
Das Nebengedächtnis „Spickzettelbaum“ im Schulgarten – ein Ort der Begegnung, Reflexion und subtilen Kritik. Die Arbeit setzt sich mit dem Verhältnis von Wissen und Bildung auseinander, greift ikonografisch den Baum als Symbol für Wachstum, Verzweigung und Entwicklung auf und spiegelt zugleich in ihrer Materialität und Formensprache die Spannung zwischen individueller Aneignung und institutioneller Vermittlung von Wissen.
Die Skulptur ca. Maße (BxHxT): 2300x4000x2300 mm (2,3×2,3×4,0 m) besteht aus ca. 200 bis 300 metallenen „Spickzetteln“, die jeweils lasergraviert, handgebogen und punktverschweißt oder genietet zu einem dynamischen spiralförmigen Körper gefügt sind.
Der Inhalt der Gravuren ist das gesamte Abitur-Grundwissen – dargestellt im Stil klassischer Spickzettel. Was früher ein geächtetes Hilfsmittel war, wird hier zur Würdigung von Aneignungsstrategien, zur Hommage an kreative Widerständigkeit – und zur Einladung, sich Wissen neu zu nähern.
Formal fügt sich die Arbeit in den Garten ein wie ein natürlich gewachsener, stilisierter Baum – ein gewundener Stamm aus Gedanken, Regeln, Formeln, Daten, der sich in den Himmel reckt und gleichzeitig zur Rast und zum Austausch einlädt. Schüler:innen, Lehrkräfte und Nachbar:innen begegnen sich hier: nicht als Belehrte und Belehrende, sondern als Fragende, Erklärende, Suchende und im Gegensatz zu den mobilen Endgeräten jeder Art sollen die Menschen hier auch nach oben blicken.
Gleichzeitig stellt die Arbeit eine leise, aber präzise Kritik am gegenwärtigen Bildungssystem dar. Sie fragt: Wird Bildung zu oft mit Wissen gleichgesetzt? Welche Rolle spielen Neugier, Irrtum, Kreativität? Der Spickzettelbaum ist ein Denkmal des klugen Umwegs – nicht als Betrug, sondern als kulturelle Praxis des Durchblickens.
Die Wahl von Metall als Material verleiht der vermeintlich flüchtigen Form des Zettels Dauer und Widerstandskraft. Gravur ersetzt Handschrift, aber nicht deren Geist. Jede Fläche ist lesbar, jede Biegung spürbar – die Skulptur lädt ein, sich zu nähern, zu verweilen, zu lernen, zu stauen, zu diskutieren.
Die Skulptur hat trotz ihrer Informationsflut eine formale Klarheit – ein in sich verschlungener, fast barocker Körper mit architektonischer Eleganz.
Durch die Materialität (lasergraviertes Metall) entsteht eine ästhetische Spannung: Leichtigkeit vs. Stabilität, Flüchtigkeit (Zettel) vs. Dauer (Metall).
Das biegen von Hand verleiht jedem „Zettel“ eine individuelle Geste – Wissen wird haptisch, wird Kunst.
Ortsspezifisch: Schulstraße, Schulneubau – die Arbeit verankert sich im Thema der Bildung und des Lernortes.
Teilhabend: Als Treffpunkt und Denkraum funktioniert die Skulptur sowohl für Schüler als auch für Lehrer und Anwohner.
Zeitgemäß und analog zugleich: In einer digitalen Zeit bringt das Werk einen haptischen Kontrapunkt, ohne rückwärtsgewandt zu sein.




